31. Januar 2022

Modernisierung des Lehrerbildungsgesetzes

Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Koalitionsfraktionen von CDU und GRÜNEN haben im letzten Herbst einen Koalitionsvertrag erarbeitet
und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, in dem wir
klargemacht haben, dass wir die Modernisierung des Lehrerbildungsgesetzes als prioritäres Gesetzesvorhaben im
Schulbereich in dieser Legislaturperiode vorhaben. Dabei
wollen wir die Bereiche Ganztag, Digitalisierung, Inklusion, Multiprofessionalität und die Verteilung von Studienseminaren an Universitäten und anderen Orten in der Lehrerbildung vorantreiben.
Das war im letzten Herbst. Jetzt im Sommer kommt die
SPD mit einem Gesetzentwurf um die Ecke. Lieber Herr
Promny, lieber Herr Degen, wer da wen zu irgendetwas getrieben hat, die Art der Geschichte, die Sie vorgestellt haben, scheint mir einen gewissen logischen Bruch zu haben.
Da sollten Sie noch einmal nacharbeiten. Ich glaube, dass
das so nicht passt.
Aber getreu dem Motto: „Die Kopie adelt das Original“,
sind wir Ihnen auch gar nicht böse darum, dass Sie Ideen
von uns aufgreifen. Damit gehen wir hochwillkommen um.
Anders sieht es bei ein paar anderen Vorschlägen Ihres Gesetzentwurfs aus, den wir so erst einmal nicht nachvollziehen können.
Erster Punkt ist die Änderung der Studienstruktur von Bachelor zu Master. Da würde ich einmal sagen, für sich genommen ist das kein Qualitätsmerkmal. Das sieht man daran, dass wir beides schon in Hessen haben. Der berufliche
Bereich ist mit einer universitären Prüfung versehen, während die anderen Lehrämter mit einem Staatsexamen versehen sind. Das ist also erst einmal kein Qualitätsmerkmal.
Wenn man das bei den Lehrämtern ändern möchte, dann
muss man gute Argumente auf seiner Seite haben, vor allem wenn man sich die Erfahrungen aus anderen Bundesländern ansieht, die nicht so positiv sind.
Wenn Sie argumentieren, durch die gestuften Lehramtsstudiengänge würden wir Polyvalenz, also Anschlussfähigkeit, erreichen, dann schauen Sie sich einmal die Erfahrungen der anderen Länder an. Sie sind gar nicht so gut. Mit
den meisten Bachelorabschlüssen kann man gar nicht ohne
Weiteres anderes im Master erwerben. Von daher ist dort
die Situation gar nicht so viel anders als bei uns.
Sie könnten auch einmal darüber nachdenken, was die Universitäten daran hindert, jetzt schon Bachelorstudiengänge
anzubieten, nämlich gar nichts. Der Punkt ist, es gibt ein
viel wichtigeres Instrument dafür, nämlich die LissabonKonvention, die die CDU-GRÜNEN-Koalition schon in
der letzten Wahlperiode in das Hochschulgesetz eingeführt
hat. Damit ist die Beweislast umgekehrt, die Hochschulen
müssen nachweisen, dass erzielte Leistungsnachweise von
Studierenden zu Recht nicht anerkannt wurden, wenn sie
den Studiengang wechseln möchten. Das haben wir eingeführt. Das bringt den Studierenden etwas, während bei der
Reform, die Sie vorschlagen, zweifelhaft ist, ob sie etwas
nutzt.
Insgesamt halte ich es für wichtig, dass wir das Thema Polyvalenz weiter voranbringen. Es ist wichtig für diejenigen,
die feststellen, dass sie doch kein Lehramtsstudium machen wollen, weil sie damit eine Alternative haben.
Dafür ist es wichtig, dass wir frühe Praxiserfahrungen haben. Wir wollen aber auch das Praxissemester weiterentwickeln. Deswegen haben wir das verabredet, was der Kollege Promny dankenswerterweise schon vorgestellt hat, was
CDU und GRÜNEN vorhaben. Das ist eine gute Idee. Damit bieten wir eine Möglichkeit, Praxiserfahrungen zu
sammeln und zu erfahren, ob der Lehrerberuf der richtige
ist. Dann kommt ein Moment der Professionalisierung, in
dem Theorie und Praxis miteinander verknüpft werden
können.
Aber da nehmen wir die Evaluation sehr ernst. Wir glauben, dass die wissenschaftliche Evaluation des Praxissemesters sehr wichtig ist. Wer jetzt sagt: „Es interessiert uns
nicht, was die Wissenschaftler herausfinden“, entwertet die
Arbeit der Forscherinnen und Forscher. Das müssen Sie
sich dann vorhalten lassen, dass Sie an dieser Stelle die Arbeit dieser Wissenschaftler entwerten, weil Sie nicht auf
das Zwischenergebnis warten können, welches im Übrigen
für Ende dieses Jahres vorgesehen ist.
Ich komme zum Schluss. Wir wollen die Lehrerbildung
modernisieren. Wir werden dafür die neuen Inhalte verankern. Wir werden den Praxisbezug stärken und Ausstiegsmöglichkeiten für diejenigen schaffen, die vielleicht eine
andere berufliche Orientierung wollen. Wir werden auch
im Bereich der zweiten und der dritten Phase Modernisierungen vornehmen. Das alles werden wir beizeiten tun.
Wir freuen uns aber auch auf die Auswertung und Beratung des Gesetzentwurfs der SPD.

– Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit.