Praktisches Jahr im Medizinstudium gerecht und effizient ausgestalten
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen!
Es ist erstaunlich, dass bei einem Thema, wo sich eigentlich inhaltlich eine große Schnittmenge andeutet, dann doch versucht wird, in ein paar formalen Punkten
die Gegenseite zu ärgern. Ich finde das an dieser Stelle vollkommen unnötig; denn so, wie ich die Debatte verfolgt habe, gibt es eigentlich parteiübergreifend großes Interesse daran, die Studierenden im Praktischen Jahr zu entlasten. Ich glaube, das sollten wir in den Vordergrund der heutigen Beratungen stellen.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vereinzelt CDU, SPD und Freie Demokraten)
Ich möchte auch dem Vorredner insofern widersprechen, dass seine Einschätzung, dass das Land Hessen für die Fachkräftesicherung im Bereich der Medizin zu wenig getan hätte, nicht zutreffend ist. Es war gerade vor allem die Landesregierung der 20. Wahlperiode, die nicht nur die Landarztquote geschaffen hat, sondern auch dafür gesorgt hat, dass wir die Kapazitäten in der Medizinausbildung verstärkt haben, indem wir nämlich die Teilstudienplätze in Marburg und Fulda zu Vollstudienplätzen ausgebaut haben. Damit haben wir die Ausbildungskapazität in Hessen deutlich verstärkt und dafür gesorgt, dass Hessen, obwohl wir schon über dem Durchschnitt ausbilden, noch einmal deutlich eines draufgesetzt hat. Damit haben wir aktiv etwas dafür getan, dass die ärztliche Versorgung in Hessen auch
in Zukunft gewährleistet wird.
Zur Situation der Studierenden im Praktischen Jahr ist schon viel gesagt worden. Wir haben hier eine tradierte Situation, die, wie das viele Traditionen an sich haben,
vielleicht auch einmal hinterfragt werden muss. In der Tat ist es so, dass dieses Praktische Jahr, obwohl es ein Studienteil ist, doch viele Merkmale eines Arbeitsverhältnisses aufweist. Das betrifft nicht nur die Tätigkeiten und die Intensität der Tätigkeiten, die hier schon beschrieben wurde. Man kann das auch daran festmachen, dass ein Studierender im Praktischen Jahr gar nicht die Möglichkeit hat, sich auf eine andere Art und Weise seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Das heißt, wenn man keine sonstige Unterstützung hat, dann ist man voll und ganz auf die Aufwandsentschädigung angewiesen. Diese ist vielerorts so gering, dass sie
nicht einmal für ein Mittagessen am Tag reicht. Das zeigt, dass etwas ins Ungleichgewicht geraten ist und dass es hier dringenden Handlungsbedarf gibt.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Natürlich muss es eine Ausgewogenheit geben zwischen Tätigkeiten, die nicht unmittelbar mit der Ausbildung zu tun haben, die aber auch berechtigt sind – das sei hier zugestanden –, und einer ordentlichen Anleitung. Auch hier ist es gut und richtig, dass wir uns als Volksvertretung des Landes dafür einsetzen, dass auf der zuständigen Ebene eine Reform auf den Weg gebracht wird, damit die künftigen Ärztinnen und Ärzte im Praktischen Jahr immer eine ordentliche Anleitung bekommen. Ich glaube, das ist eine Selbstverständlichkeit. Da sollten wir uns nicht auseinanderdividieren lassen.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Studierenden im PJ haben an vielen Stellen auf ihre Situation aufmerksam gemacht. In einem Beitrag auf „fr.de“ hat eine Betroffene das sehr gut zusammengefasst: „Am Ende des Tages ist die aktuelle Situation schlecht für alle Beteiligten, aber schlecht vor allem auch für die Patienten“. Ich glaube, das fasst das ganz gut zusammen. Für mich ist klar: Wir nehmen die Berichte, die uns von den Studierenden im Praktischen Jahr erreichen, sehr ernst. Vielerorts berichten sie von sehr zweifelhaften Bedingungen, was ihre Ausbildung und ihre Arbeit angeht. Ihre Aufwandsentschädigung ist oftmals viel zu gering. Daher unterstützen wir die Initiative, das PJ mit Standards zu reformieren. Wir brauchen gute Arbeitsbedingungen, auch im Praktischen Jahr. Es besteht akuter Handlungsbedarf.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)