10. September 2012

Studienbedingungen und Qualität der Lehre

102.Sitzung – 27.03.2012 – Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Studienbedingungen und Qualität der Lehre – in Hessen ausgezeichnet – Drucks. 18/5258 –

Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

Das mit der „Poolposition“ müssten Sie uns in der Tat noch einmal erklären. Herr Vettel startet meistens aus der Poleposition. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD) Insgesamt aber ist Ihr Antrag für dieses Parlament wirklich sehr wertvoll, denn er hat eine große Aussagekraft. Denn Ihr Antrag enthält viele Aussagen darüber, wie Sie sich fühlen, wie Sie sich selbst wahrnehmen und wie das Spannungsverhältnis zur Fremdwahrnehmung ist. Sie erklären von diesem Pult aus immer wieder, gemäß dem Ärzte-Song: „Hurra, weißt du noch, wie’s früher war? Früher, da war alles schlecht, der Himmel grau, die Menschen mies, die Welt war furchtbar ungerecht. Doch dann, dann kam die Wende. Unser Leid war zu Ende.“ – In Ihrer Wahrnehmung sind das Sie gewesen, und dafür erwarten Sie jetzt ein Lob von den Studierenden und den Hochschulen, nicht wahr? (Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Das ist dann Ihr Problem. Niemand aus den Hochschulen und von den Studierenden lobt Sie für Ihr Regierungshandeln. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Im Gegenteil. Da gibt es Kritik von den Universitätspräsidenten, da gibt es Kritik der Hochschulen und der Studierenden, die sagen: Wir sind dem Ansturm der Studierenden nicht gewachsen. – Die Hochschulen kritisieren, dass sie immer weniger Geld pro Studierenden erhalten, dass bei immer mehr Studierenden immer weniger Geld pro Studierenden bei ihnen ankommt. (Zuruf) – Doch, das ist so. In absoluten Zahlen geben Sie vielleicht mehr Geld an die Hochschulen, aber die Relation Geld pro Studierenden wird für die Hochschulen immer ungünstiger. Darüber kommen Sie nicht hinweg. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daher gehen hier die Selbstwahrnehmung – alles prima – und die Fremdwahrnehmung etwas auseinander. Sie haben einen Antrag gestellt, mit dem durch den Hessischen Landtag beschlossen werden soll: Bei der Lehre in Hessen ist alles prima. So einfach aber geht das nicht. Weil das von Ihnen erhoffte Lob ausbleibt – – (Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten) – Vielen Dank. – Weil das erhoffte Lob ausbleibt, glauben Sie, das wird durch einen Landtagsbeschluss besser werden.

Aber ein solcher Landtagsbeschluss ist ein Eigenlob. Meine Mutter hat mir beigebracht: Eigenlob stinkt. Und bei Ihnen ist das besonders wahr. (Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Das wird bei Ihnen wichtig gewesen sein!) Die Studierenden in den überfüllten Lehrveranstaltungen an den Universitäten wird das sicherlich nicht sonderlich beglücken, wenn sie erfahren, dass als Antwort auf diese Studienbedingungen, mit denen sie sich auseinandersetzen müssen, der Landtag beschlossen hat: Liebe Studierende, wir haben hier einen Landtagsbeschluss, der besagt, alles läuft prima. So ändern Sie an diesem Problem nichts. So ändern Sie auch nichts an Ihrem eigenen Problem, sondern Sie werden es noch verschärfen. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit dem, was Sie hier beantragen, machen Sie es noch viel schlimmer. Denn Sie verpassen es hier – indem Sie aufstellen, was gut gelaufen ist –, einmal selbstkritisch darzustellen, was in Ihrem Regierungshandeln nicht so gut gelaufen ist. Sie verpassen die Chance, sich selbstkritisch an dieses Rednerpult zu stellen und zu erklären, wie Sie der wachsenden Zahl Studierender begegnen wollen und wie Sie bei dieser wachsenden Zahl der Studierenden die Qualität der Lehre erhalten wollen. Diese Chance haben Sie auch bei Ihrer Rede verpasst. Das ist wirklich bedauerlich und wird nicht dazu führen, dass Ihre Politik besser ankommen wird. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich gehen Millionenbeträge in die hessische Forschung und auch in die hessische Lehre an den Hochschulen. Aber Sie müssen schon genau hinschauen. Wenn Sie genau hinschauen würden, dann würden Sie sehen, dass die Mittel, die Sie bereitstellen, nicht zur Bewältigung des Studierendenberges ausreichend sind. Vor langer Zeit gab es einmal das Wort von der „Untertunnelung des Studierendenberges“. Eigentlich sollte man aus der Geschichte Lehren ziehen und eine solche Untertunnelung nicht nochmals versuchen, denn sie ist schon einmal gescheitert. Von daher kann ich Ihnen nur zurufen: Statt sich selbst zu beweihräuchern, sollten Sie sich ernsthaft dem Problem des immer weiter steigenden Studierendenberges stellen und darauf Antworten entwickeln. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)